Game-basiertes Lernen

LegoFür mich ist unbestritten, dass wir alle im Spielen viel lernen können. Erinnere ich mich an meine Kindheit, haben meine Brüder und ich wohl sehr viel von unseren selbstgebauten Lego-Technik-Maschinen gelernt. Mit Übersetzungen aus Dutzenden von Zahnrädern habe ich meine Physik-Kenntnisse erweitert, noch bevor ich wusste, wie man Füsik schreibt oder was das überhaupt ist. Dazu hatte ich aber keinen Lehrplan, ja nicht mal einen Bauplan und aus heutiger Sicht – unendlich viel Zeit. Nun kommen beim Schreiben fast ein wenig Nostalgiegefühle zurück :-)

In der Online-Veranstaltung von OPCO12 zu Game-basiertem Lernen haben die Referenten Christoph Deeg und Son Le diverse Punkte angesprochen, die mich etwas beruhigt haben. Ich habe mich mit diesem Thema vorher noch nie ernsthaft beschäftigt, aber doch hin und wieder einen Gedanken dazu gehabt und mir vor allem Fragen gestellt wie:

  • Wie könnte game-basiertes Lernen in meinem Unterricht aussehen?
  • Gibt es für meine Themen überhaupt sinnvolle, bezahlbare oder selbstzustrickende game-basierte Lernarrangements?
  • Gibt es irgendwo in der Unterrichtspraxis wirklich gute Lernspiele, die halten was sie versprechen?
  • Ist game-basiertes Lernen effizient im Bezug auf das Zeitbudget im Unterricht?

Meine persönlichen Beruhigungspillen in den Referaten waren (vielleicht bewusst etwas plakativ zusammengefasst – der Webcast kann unten nachgesehen werden).

  • Wenn der Lernende merkt, dass es eigentlich ums Lernen geht, verliert sich der Spassfaktor und damit die Motivation. Oder anders gesagt, es ist nicht einfach Lerninhalte mit Spielmechanik ausgewogen zu kombinieren.
  • Die Entwicklung eines richtig guten Games kostet mehr als 15 Mio US-$.
  • Die meisten Lernspiele wurden von Pädagogen und nicht von Gamern gemacht und sind deshalb nicht top.
  • Gute Beispiele sind nicht sehr verbreitet :-)

Warum mich das beruhigt? Erstens brauche ich mich nicht zu bemühen, ein [sehr gutes] Spiel selbst zu entwickeln, weil ich a) mehr Pädagoge, denn Gamer bin und b) ich keine US-$ habe, auf jeden Fall nicht so viel. Und Zweitens beruhigt es mich zu hören, dass meine Befürchtung, Lerninhalte in Spiele zu verpacken sei eher schwierig, wahr ist.

Ooh, und jetzt dürfen wir nicht spielen?

Ich finde den Ansatz von game-basiertem Lernen nach wie vor gut und denke in meinem Umfeld der Berufsfachschule gibt es Möglichkeiten und Ansätze spielerische Elemente einzusetzen, am ehesten mit Planspielen oder Simulationen. Auch die Methode goal-based Scenario kann spielerisch geplant und erlebt werden. Lernende übernehmen darin eine Rolle und identifizieren sich damit. Es finden verschiedene Interaktionen statt und die Lernenden erhalten Feedback auf Ihre Handlungen. Alles Punkte, die auch als Vorteil beim game-basierten Lernen genannt werden.

Und nicht vergessen, wenn auch nicht unbedingt genau das Thema treffend, die kleinen Spiele wie Kreuzworträtsel, Quiz-Fragen, Lernkartenspiele – alles zum Unterrichtsthema, die als Auflockerung und der Vertiefung dienen können. Oder auch Rollenspiele, um beispielsweise einen Ablauf zu simulieren, sind gute Möglichkeiten etwas „zu spielen“ (meine Probelektion beinhaltete ein Spiel zum Prozess-Scheduling in modernen Betriebssystemen).

7 Antworten auf „Game-basiertes Lernen“

  1. SchülerInnen, gerade die in der Sekundarstufe I spielen wirklich gerne. Vor allem im Englischunterricht bietet unser Lehrwerk More! 1-4 wirklich gute Möglichkeiten zu spielen, wenn auch diese Art von Spielen nicht das Thema treffen. Memory, Kreuzworträtsel, Quiz-Spiele etc. Lässt man SchülerInnen selbst nach Spielen suchen, stelle ich fest, dass fast ausschließlich Geschicklichkeitsspiele ausgesucht werden. Dass diese Spiele auch wertvoll sind, ist für mich keine Frage, dienen sie doch der Feinmotorik, der Koordination und haben zum Teil auch soziale Elemente, gerade dann, wenn mehrere Spieler an einem Spiel „gegeneinander“ antreten können. Was mir bisher fehlt sind Spiele, bei denen die Spieler nicht merken, dass es ums Lernen geht und / oder Spiele, die mich in der Umsetzung der geforderten Lern- und Lehrziele unterstützen, die ich also anstelle traditionellen Lernens einsetzen kann und die dadurch und durch den Spaßfaktor, den Spiele ja haben sollten, zu mehr Motivation der Lernenden und zu besseren Ergebnissen führen. Diese Art von Spielen habe ich bis jetzt nicht gefunden, wobei ich gestehen muss, dass ich mich noch nicht lange mit dem Thema GBL beschäftige.

    1. Ich glaube fast, dass du lange auf Spiele warten musst, bei denen die Lernenden nicht realisieren, dass es nicht ums Lernen geht. Nur wenn du schon als Lehrer vorne stehst, riechen Sie den Braten: „Es kann ja nicht sein, dass uns Herr Frick zum Spielen einlädt ohne einen Hintergedanken zu haben“. Und dass ein solches Spiel genau zu einem Lehrplan passt glaube ich auch nicht. Vielleicht aber motivieren gute Spiele, dass in der Freizeit gespielt wird und nebenbei Eigenschaften und Inhalte erlernt werden, die der Schule zu Gute kommen.
      Und die kleinen Spiele funktionieren also auch in der Sekundarstufe II. Ein Kreuzworträtsel mit Fachbegriffen führt jedes Mal zu ehrgeizigem Wettbewerb :-) Und als ich als Bestrafung für kindisches Tun, ein Lego-Fahrzeug zusammensetzen liess, ging dieser Schuss fast nach hinten los und in der Pause wollten noch mehr Lernende Lego spielen (18-jährige).

  2. … dass in der Pause noch mehr Leute Lego spielen wollten kann ich mir gut vorstellen. Am ersten Tag unseres Windows-Kurses ist eine Aufgabe Karten spielen (Freecell – um den Umgang mit der Maus zu üben). Die meisten Teilnehmenden sind beid dieser Übung am fleißigsten :-D. Schwierig wird es, wenn das Spielen abgelehnt wird (Ich kann / mag keine Kartenspiele! Ich verstehe das Spiel nicht!), oft reicht meine Überredungskunst dann nicht aus.
    Eine große anforderung an die Lehrenden ist es sicher, das richtige Spiel zu wählen bzw. die passenden Alternativen zu bieten. Wahrscheinlich ist das Problem beim Unterrichten von Kindern und Jugendlichen ähnlich. Kommt ein „Das mache ich nicht, dieses Spiel ist zu kindisch vor!“ in eurem Alltag vor?

    Was mich beim GBL besonders interessiert ist auch, welche Art von Wissenstransfer findet statt bzw. was wird bei einem bestimmten Spiel gelernt. Oft sehe ich das Trainieren von Skills, wie Kommunikationsfähigkeit oder Problemlösungskompetenz im Vordergrund, in einigen Spielen wird diese aber mit anderen Informationen kombiniert (siehe Assassins Creed, wo das Spiel in einem bestimmten historischen Setting abläuft).

    1. Ist bei mir noch nie vorgekommen, dass Lernende etwas zu kindisch fanden. Hängt sicher damit zusammen, dass ich erstens relativ selten Spiele einsetze und zweitens, dass das Kind im Jugendlichen schon noch vorhanden ist (also in mir auch noch ganz stark :-) ) und wenn dann eine Legitimation durch die Lehrperson da ist, na bitte, dann machen wir das.
      Deiner Anmerkung zum Wissenstransfer stimme ich zu. Ich glaube, das was du mit deinem Kartenspiel bei Erwachsenen machst, die Bedienung der Geräte zu trainieren, ist bei Kindern und Jugendlichen nicht nötig. Hingegen Problemlösungsstrategien oder anderes in diese Richtung kann sehr wohl in Spielen vermittelt werden.

  3. Hallo Stephan,

    ein Spiel, das ich mit meinem Sohn einmal spielte und das mich hinsichtlich seiner gelungenen Verzahnung von Lern- und Spielaktivitäten überzeugte, ist das kostenfrei verfügbare Adventure-Spiel der Metall- und Elektro-Industrie „TechForce“, siehe http://www.techforce.de/page-name-11.html . Es lohnt sich, das Spiel einmal genauer durchzugehen.

    Gruß
    Christian

    1. Hallo Christian,
      Danke für den Tipp! Habe mal kurz reingeschaut. Sehr interessant und ansprechend gestaltet. In der Schweiz sind diverse Bestrebungen vorhanden, die Kinder der Volksschule (bis und mit Sekundarstufe I, auch Berufswahl) auf die Hightech-Berufe aufmerksam zu machen und die potenziellen Ingenieure zu motivieren. Elektronik-, Automation- und Informatikberufe haben Mühe gut geeignete Lernende zu rekrutieren. Dieses Spiel ist natürlich ein gutes Mittel dafür mit der Verzahnung von Spielmotivation und Kennenlernen der Berufswelt und Tätigkeitsfelder.

      Gruss
      Stephan

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